Kleines schwarzes Buch

Anders als der Titel vielleicht vermuten lässt, geht es mir heute nicht darum, eine Anleitung zum Führen von schwarzen Kassen, dunklen Geheimnissen oder andere unlautere Dinge zu liefern. Hier geht es immer noch um Fotografie und da spielt ein kleines schwarzes Buch (es kann aber auch anders aussehen) eine wichtige Rolle.

Wozu ein kleines schwarzes Buch?

NotizbuchFrüher ja früher, wir reiten ja jetzt alle die Retro-Welle, da hatte jeder, der fotografiert hat, ein Notizbuch in seiner Fototasche gehabt. Das erfüllte mehrere Zwecke, je nach dem wie der fotografische Alltag ausgesehen hat. Hier mal ein paar Beispiele dazu:

Der Zeitungsfotograf hat sich darin wichtige Daten zu den Bildern, wie abgebildete Personen, den Ort, an dem er die Bilder gemacht hat, den Kontext, in dem sie entstanden sind und andere Hintergrundinformationen notiert. Das war wichtig, um später in der Redaktion die „Fahne“ zu beschriften und eventuell den Artikel zu schreiben, vor allem, wenn mehrere Aufträge auf einer Filmrolle waren. Die „Fahne“ war ein Stück Papier, das an dem Foto klebte und alle Informationen zum Bild enthielt. Ohne diese wurde das Bild nicht vom Redakteur angenommen oder gedruckt.

Werbefotografen nutzten das Notizbuch dazu, wichtige Informationen der Kunden, des Auftraggebers oder der Werbeagentur zur Bildgestaltung bzw. dem Bildaufbau zu notieren.

Amateurfotografen haben sich in das Notizbuch zum Beispiel ihre Belichtungswerte (die oft gefragten Einstellungen der Kamera) aufgeschrieben. Oder was sie an Manipulationen bei der Aufnahme gemacht haben (Vorbelichtung, Pushen des Films, Belichtungskorrektur).
Das war insofern wichtig, denn die Negative hatten keine weiteren Daten ausser der Bildnummer und dem Bild an sich.  Nachdem der Film entwickelt wurde, konnten so alle Informationen wieder zusammen gefügt werden. Also welche Einstellungen habe ich vorgenommen, was habe ich bei der Aufnahme gemacht, damit sie so aussieht wie sie jetzt ist. Vor allem für die Fehlersuche oder die Gestaltung weiterer Bilder war das von Bedeutung.

Kleines schwarzes Buch, brauche ich doch nicht!

Seitdem die Fotografie digitalisiert wurde, hat sich doch einiges geändert. Nicht nur die Art Bilder zu machen, sondern auch die Weiterverarbeitung. Die „Fahnen“ sind jetzt in die Bilddaten integriert (IPTC-Informationen). Die Daten können evtl. schon vor Ort oder bei der Übertragung zur Redaktion ins Bild geschrieben werden. Daher braucht man hier eigentlich kein Notizbuch mehr. Die meisten haben trotzdem noch eins einstecken, wenn auch als Rückfallebene.

Werbeagenturen tauschen die Informationen in Meetings mit Laptops oder Tablets und PDF-Files aus. Der Art-Director ist am Set und sagt sofort, wie das Bild verändert werden soll, wenn er es auf seinem Tablet sieht. Also wären hier Notizbücher etwas old school (damit vielleicht schon wieder stylish).

Amateurfotografen brauchen sich eigentlich auch nichts mehr aufzuschreiben, denn die modernen Kameras schreiben alle möglichen Informationen gleich bei der Aufnahme (Objektivdaten, Belichtungswerte, sogar die GPS-Daten) mit in das Bild. Also entfällt hier eigentlich auch die Notwendigkeit für ein Notizbuch.

Oder vielleicht doch ein Notizbuch anlegen?!

Ich plädiere ganz klar für „Ja“! (Wozu würde ich sonst den Artikel hier schreiben?!)

Obwohl alle Daten in den Bildern enthalten sind, ist es meiner Meinung nach sinnvoll, sich ein solches Notizbuch zu zulegen. Das hat mehrere Gründe und zwei möchte ich hier näher beleuchten.

Beim Wort „Beleuchten“ sind wir schon beim ersten Punkt. Wenn ich ein Bild mit Blitz oder mehreren Blitzen mache, dann steht in den Bilddaten einfach nur, dass der Blitz ausgelöst hat. Mehr nicht? Das war es, keine weitere Information!

Gut, man kann das anhand des Bildes wieder nachvollziehen und dann darauf schließen, wie es gemacht wurde. Licht und Lichtsetzung sind kein Geheimnis, denn die sind immer im Bild sichtbar. Diesen Vorgang nennt man auch Reverse-Engineering.

Ich kann mir aber das Leben hier wesentlich einfacher machen, wenn ich mir alle relevanten Informationen zum Set und dem Blitz oder den Blitzen aufschreiben. Das geht natürlich auch mit ein paar Bildern vom Setaufbau, die mache ich auch gerne. Sogenannte „Pull back“ oder „behind the scenes“ Bilder.

Eine andere Anwendung ist, wenn ich mir vor dem erstellen eines Bildes Gedanken über einen Setaufbau mache. Ich finde es wesentlich angenehmer, auf einem Blatt Papier herum zu malen. Nicht im Notizbuch, das kommt später. Da kann ich mir dann Werte (Blitzleistung, Zoomstellung, Filterfolien, usw.) aufschreiben, Entfernungen eintragen, Lichtformer malen und vieles mehr. Manchmal wird das ein wüstes Gekritzel, aber es geht so schneller finde ich.
Wenn das Set dann aufgebaut wurde und ich die Bilder im Kasten habe, dann fertige ich mir am Rechner ein Diagramm an und drucke es mir aus. Dieses klebe ich dann in mein kleines schwarzes Buch und habe somit ein fertiges Blitzsetup, das ich auch nach vielen Monden wieder reproduzieren kann. Vielleicht muss ich die eine oder andere Einstellung ändern, aber ich habe sie batterieunabhängig in meiner Fototasche. Früher oder später hat man so ein Setup auch im Kopf und muss nicht mehr nachschauen. Aber was ist mit denen, die man nicht so oft anwendet?

Der zweite Grund für das kleine schwarze Buch ist die persönliche Entwicklung als Fotograf. Jeden Tag können wir unzählige Informationen in Zeitschriften, im Internet oder in Blogs zum Thema Fotografie finden. Es gibt Tipps zum Thema Material, Zubehör, digitale Bildbearbeitung und vieles mehr. Wie soll man da den Überblick behalten? Vor allem wenn man das eine oder andere nicht sofort, sondern erst Monate später vielleicht nutzen möchte?!

Da wird das kleine schwarze Notizbuch zu einer zentralen Sammelstelle für alle möglichen Informationen. Ich sammle erst mal alles, was mich interessiert, auf Schmierzettel oder drucke es mir aus. Du hast richtig gelesen, ich trage sie nicht sofort in das Notizbuch ein. Der Grund ist, dass dies für mich ein Filter ist.

Diese Loseblattsammlung bleibt dann eine Weile liegen. Irgendwann kram ich diese wieder heraus und gehe sie durch. Die Dinge, die ich wichtig finde, übertrage ich dann in mein kleines schwarzes Buch, alles andere kommt in die Rundablage. Somit ist alles, was für mich interessant ist, an einem Ort und jederzeit erreichbar. Habe ich irgendwo ein Setup gesehen, das ich spannend finde, dann kommt es hier rein. Gleiches gilt für Posinghilfen oder Photoshop-Anleitungen. Du siehst, die Möglichkeiten sind grenzenlos.

Das kann natürlich auch elektronisch gemacht werden. Also mit Laptop, Tablet oder was auch immer. Aber ich finde die Variante per Stift und Notizbuch besser. Dadurch muss ich mir beim Übertragen der Informationen Gedanken machen und das eine oder andere ausformulieren. Was dazu führt, dass ich sehr schnell merke, wenn mir noch etwas unklar ist.

Völlig gleichgültig wie deine Lösung aussieht, es ist sehr hilfreich, eine Sammlung der Informationen anzulegen. Wer weiß, wann er sie brauchen kann…

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